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OLYMP GEBIRGE - Helden des Olymp - Eine Reise zum Thron der Götter

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2019-02-20 2023-07-03 20.02.2019
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Olymp Nationalpark

Ich bin gerne in den Bergen. Das Gefühl von Freiheit steigt in mir hoch, wenn ich einen Gipfel erklimme, oder einfach nur am Bergfuß entlangwandere. Und wenn ich schließlich über die Weiten der Landschaft schaue, während mir der Wind übers Gesicht weht, weiß ich: So muss es sich anfühlen, keine Grenzen zu kennen.

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Es könnte genau dieses Gefühl sein, das man im Deutschen mit dem Wort „Wanderlust“ verbindet. Das bloße Gehen macht Freude. Andere Sprachen kennen dieses Wort schon gar nicht, so dass Franzosen, wenn sie Wanderlust meinen, tatsächlich auch Wanderlust sagen. Es bleibt aber die Frage offen, was es dann mit dem Gefühl auf sich hat, wenn man den Blick weg von Deutschland und seinen Wandermöglichkeiten lenkt. Oder konkret: Kennen Sie viele Griechen, die gerne wandern?

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Olymp Nationalpark

Die alten Griechen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit keine freudigen Wanderer. Jedenfalls wenn es um die Lust und Freude dabei ging. Denn bewegen mussten sie sich auch so schon genug - in der Regel zu Fuß. Da wundert es nur wenig, dass man nicht extra noch Erholung in der Natur suchte, wie wir es heutzutage gerne tun. Landschaft und Natur waren für die alten Griechen, wie für die meisten Völker vergangener Tage, viel existenzieller. Sie waren immer da, man konnte ihnen nicht entfliehen. Berge waren wie unüberwindliche Mauern im Weg und mussten weit umlaufen werden, da sie vor allem eines bedeuteten: Gefahr und Tod.

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Eines der größten Hindernisse dieser Art in Griechenland ist wohl der Olymp. Dabei handelt es sich aber nicht nur um einen einzigen Berg, der ähnlich dem Fuji allein in der Landschaft steht. Viel mehr handelt es sich um ein kleines Gebirge mit mehreren Gipfeln. Die höchsten unter ihnen sind der Mytikas (2918m), Skolio (2911m) und Stefani (2909m). Damit ist der Olymp nur unwesentlich niedriger als beispielsweise die Zugspitze (mit ihren 2962m), hat dabei aber eine Besonderheit. Anders als die meisten Alpenberge, steigt der Olymp sehr dicht am Meer empor, was dazu führt, dass die gewaltigen drei Kilometer Höhe des Bergmassivs tatsächlich auch als solche sichtbar sind. Eine Freundin brachte das folgendermaßen ins Wort: „Ich meine, Berge kenne ich ja. Ich bin oft in Österreich oder in der Schweiz und mache da Urlaub. Aber als ich gesehen habe, wie der Olymp da emporsteigt und gleichzeitig verschwindet, da war mit klar, warum die Götter dort oben wohnen.“

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Auch eine zweite Besonderheit hat der Olymp nämlich zu bieten. Seine unmittelbare Nähe zum Meer lässt seine Gipfel meist wolkenverhangen zurück. Was die Höhe und ursprüngliche „Unbesteigbarkeit“ des Olymps noch nicht erreicht, schafft diese umhüllende und gleichzeitig auf ihre Art mystische Eigenschaft. Wo sonst würde wohl der Göttervater thronen, wenn nicht am Punkt, an dem sich Wind und Wetter zusammenziehen. Nicht umsonst trägt er den Beinamen „Wolkensammler“ und wird oft mit Blitzen dargestellt, die er von seinem Thron auf die Welt schleudert. Der Olymp ist bekannt für seine schnellen Wetterumschwünge und hat schon so manch einen leichtsinnigen Bergsteiger in die Knie gezwungen.

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Für die alten Griechen wäre es wahrscheinlich gar keine Frage gewesen, dieses Massiv zu besteigen, um zu schauen, was die Götter so treiben. Und wenn einer den Gefahren trotzte, dann sicherlich mit der Motivation, eine rituelle Handlung auszuführen und den Göttern Gefälligkeiten zu erweisen. So gibt es tatsächlich viele Sagen, die sich um Begegnungen rund um und am Olymp mit den Göttern ranken und auch Berichte über einen Altar, der auf dem Olymp gefunden wurde. Oder war es doch nur das wolkenverhangene Trugbild der Götter?

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Heutzutage ist der Olymp natürlich deutlich einfacher zu besteigen, auch wenn es einiger Trittsicherheit und Erfahrung bedarf, um alle Gipfel zu erreichen. Und unterschätzen sollte man ihn noch immer nicht. Denn selbst im Juni, während im Tal die Sonne erbarmungslos jeden ans Meer treibt, finden sich noch Schneefelder auf den kargen Felsen und Steinen der Gipfel. Verschiedene Hütten bieten allerdings Schutz und eigenen sich als Zwischenstationen, um die Gipfel vollends zu erreichen. Und als Teil des Europäischen Fernwanderweges E4 ist der „Thron der Götter“ auch ein gut beschildertes und bekanntes Wanderziel geworden. 

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Wer den Aufstieg wagt, wird dafür belohnt. Dafür haben ausnahmsweise keine alten Mythen und Heldensagen gesorgt, und auch keine antiken Ruinen, die sonst Touristenströme aus der ganzen Welt nach Griechenland ziehen. Es waren modernere Helden, die dafür nicht weniger geleistet haben. Schon seit 1938 steht das Gebiet des Olymps unter Naturschutz und 2014 wurde es zudem von der UNESCO zum Biosphärengebiet erklärt. Und so haben sich noch einige ältere Helden nicht ins Land der Mythen verabschiedet. Viele seltene Tierarten, darunter bspw. alle Geierarten, die in Griechenland zu finden sind, und Pflanzen haben sich ihren Platz am Olymp gesichert. Viele Wanderer berichten ganz erstaunt darüber, dass sie gerade in der Hochgebirgszone, wo sie nur noch kahlen Stein und Geröll erwartet hatten, plötzlich von bunten Farbflecken überrascht wurden. Diese Farbflecken sind unterschiedlichste Blumen und Flechten, die sich an das karge und wechselhafte Klima gewöhnt haben. So finden sich in den höchsten Lagen noch Veilchenarten und Fingerkräuter, die mit ihren Blüten aus dem Gestein hervorschauen. Eine besondere Rarität ist das Gesneriengewächs Jankaea heldreichii. Sie ist eine von mehreren endemischen Pflanzen des Olymps und kommt somit weltweit nur an diesem einen Ort vor. Doch ist die Pflanzenvielfalt des Gebirgsstocks damit noch nicht einmal annähernd beschrieben. Wer auf dem E4 wandert, kommt in den Genuss der vielen Klimazonen, welche der Olymp bietet. Vom mediterranen Klima am Fuß des Gebirges bis hoch zum alpinen Klima über 2300m findet sich eine unglaublich große Pflanzenvielfalt.

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Besonders bekannt sind die vielen Orchideenarten, die sich in den tiefer liegenden Gebieten tummeln. Steigt man weiter in die Höhe, kommt man an vor allem an Buchen, Tannen und Kiefern vorbei. Auch ganze Lorbeer- und Wacholderwälder sind zu finden, bis die markanten Panzerkiefern einsetzen. Ihre Krüppelformen sind sogar noch über die Waldgrenze von ca. 2100 m hinaus beheimatet und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie einsame Wanderer hier hinaufstiegen und von Göttern zu einem ewigen Leben auf dem Fels verdammt wurden – als Strafe, weil man sich ihnen zu sehr genähert hatte.

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Der Olymp, Thron der Götter, Sitz des Wolkensammlers, der Berg, der Leuchtende, der Fels. Das kleine Gebirge mit seinen vielen Namen und alle trägt es wohl zurecht. Heutzutage ist der Olymp ein lohnendes Ziel für Naturfreunde, Pflanzenbegeisterte und Wandererlustige, die eine atemberaubende Aussicht genießen möchten, wenn sie nicht gerade in einen der schnellen Wetterumschwünge kommen, welche die Gipfel zu bieten haben. Und so bleibt nur die Frage, wer sie denn nun sind, diese Helden des Olymp. Sind es die Zwölf, die sich diesen Ort vor Urzeiten zu eigen gemacht haben? Oder vielleicht doch die wahren Bewohner des Gebirges? Veilchen und Kiefern, die sich tatsächlich seit Urzeiten dort befinden, um ihren Platz gekämpft haben und nur noch dort wachsen. Sind es die Menschen, die sich gerade um den Schutz dieser Arten bemüht haben oder vielleicht auch die mutigen Wanderer, die dem Olymp trotzen? Vielleicht sind Sie es, wenn das nächste Reiseziel geplant wird. Aber Vorsicht vor den Tieren. Wenn Sie der Gamsbock mürrisch anschaut, oder einer der Geier über Ihnen kreist, denken Sie bitte daran: vielleicht hat sich Zeus mal wieder einen Scherz erlaubt und schaut in Tierform genau nach, wer da sein Reich betritt.